Die Rote Angst

Mit Ende des Ersten Weltkriegs im November 1918 gerieten die USA in eine wirtschaftliche Depression. Die Zahl der Arbeitslosen nahm stark zu, die Preise stiegen kontinuierlich. Neben Streiks war eine erhöhte Kriminalitätsrate die Folge der desaströsen Wirtschaftslage. Zudem erschreckte die erfolgreiche kommunistische Revolution in Russland die zu der Zeit regierende politische Führung der USA. Denn auch in den Vereinigten Staaten gewannen linke Kräfte nun an Präsenz: Im September 1919 kam es nach Abspaltungen von der Sozialistischen Partei zur Gründung der Communist Party sowie der Communist Labor Party. Daneben gab es noch verschiedene Gruppierungen von Anarchisten und anderen Radikalen, mit jeweils unterschiedlichen ideologischen Ausrichtungen. Die Regierungspropaganda machte nun die politische Linke pauschal für die schlechte Lage des Landes verantwortlich und bezeichnete sie undifferenziert als verbrecherische „Bolschewiken“, die alles daran setzen würden, eine kommunistische Revolution in den USA herbeizuführen. Die geschürte „Rote Angst“ ( „Red Scare“) wurde durch eine Vielzahl von Bombenattentaten genährt, die Anarchisten zugeordnet wurden. So explodierten am 2. Juni 1919 acht Bomben in verschiedenen Städten des Landes. Dazu fanden sich Flugblätter mit Drohungen von „anarchistischen Kämpfern“ gegen die „Kapitalistenklasse“.

Die Angst vor Bolschewiken ging mit der Angst vor Einwanderern einher. Letztere machten laut Propaganda neunzig Prozent aller Radikalen im Land aus. Der Generalstaatsanwalt Alexander Mitchell Palmer, dessen Haus bei einem der Anschläge beschädigt wurde, ließ daraufhin ab November 1919 brutale Razzien in Einrichtungen und Organisationen von und für Ausländer durchführen. Die breite Öffentlichkeit begrüßte (vorerst) diese sogenannten Palmer Raids, die darauf abzielten, „zum Radikalismus neigende Individuen“ aufzuspüren und des Landes zu verweisen. Unter Hinweis auf die drohende Gefahr für das Land wurden dabei geltende Gesetze missachtet oder zum Nachteil der betroffenen Einwanderer geändert. Zudem berichteten Zeugen und Reporter von schweren Übergriffen auf die - meist schuldlos - Verhafteten.

 
     
 
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